16.05.2009 00:18 Uhr - 1. Bundesliga - Ole Rosenbohm/red
Oldenburg gewinnt zum Abschied, doch Göppingen wird Gruppensieger
Es war eine Punktlandung. Fünf Sekunden vor dem Ende verwandelte die Brasilianerin Aline Dos Santos von der Strafwurflinie zum 24:27 Endstand beim VfL Oldenburg. Es war eine Niederlage, die den Württembergerinnen den Einzug ins Platzierungsspiel um den fünften Platz sicherte. Zuvor hatten die Gastgeberinnen lange Zeit das Spielgeschehen dominiert, zehn Minuten vor dem Ende traf Kathrin Scholl in ihrem letzten Spiel zum 25:17, doch dann holte Göppingen Tor um Tor auf. Für die Frisch Auf Frauen traf Alena Vojtiskova (7/3) gegen ihren Ex-Klub am besten, der VfL hatte in Julia Wenzl (5/1), die kommende Spielzeit für die Rhein-Main Bienen aufläuft, seine erfolgreichste Torjägerin.
Aline Silva Dos Santos erzielte die entscheidenden Tore am Ende
Quelle: Eibner PressefotoGanz im Zeichen des Abschieds stand die letzte Saisonpartie des
Handball-Bundesligisten VfL
Oldenburg am gestrigen Freitagabend gegen Frisch Auf Göppingen. Vier
Spielerinnen des
aktuellen Pokalsiegers sagten Tschüss: Spielführerin Kathrin Scholl, Haege
Fagerhus (beide Karriereende), Julia Wenzl (geht zu den Rhein-Main Bienen)
und Carolin Schmele,
die dem Verein kurz zuvor mitteilte, sich nach just bestandenem Abitur eine
neue Herausforderung -
möglicherweise im Ausland - suchen zu wollen. Die vier Spielerinnen wurden
nach dem 27:24
(16:9)-Sieg von VfL-Präsident Günther Bredehorn offiziell verabschiedet.
Trotz Sieg im letzten Spiel der Platzierungsrunden-Gruppe A, machten die
Oldenburgerinnen nach
der Partie einen eher leicht bedrückten Eindruck: Ein Siebenmeter von
Göppingens
Aline Silva dos Santos zum 24:27 fünf Sekunden vor Schluss versetzte das
lange deutlich
führende Oldenburg auf Platz zwei, Göppingen dagegen gewann die Gruppe wegen
des
besseren Torverhältnisses.
Hauptperson vor dem Anpfiff war Kathrin Scholl. "Eine bessere Spielführerin
werde ich
wohl nie mehr finden", verabschiedete Trainer Leszek Krowicki die
Ur-VfLerin, die seit 1986
Vereinsmitglied ist. Knapp 25 Freunde und Wegbegleiter darunter die
ehemaligen Mitspielerinnen
Daniela Harke, Marion Erfmann, Olesija Heinowski und Heike Horstmann
empfingen die
29-Jährige zu den Klängen des "Juli"-Hits "Geile Zeit" auf der
Spielfläche.
Oldenburg zieht zunächst davon
Die Eindrücke vor und nach dem Spiel werden eher in Erinnerung bleiben, als
die Partie selber.
Doch in dieser versuchten die Oldenburgerinnen von Beginn an, Göppingen
förmlich zu
überrennen. Dass bei dem rasanten Tempohandball schon mal der eine oder
andere Ball ins Aus
flog, war zu verschmerzen - Göppingens Spiel war mindestens ebenso
fehlerbehaftet,
allerdings deutlich biederer und langsamer. Ein letztes Mal in dieser Saison
hatte das
vollständig eingesetzte Team merklich Spaß am eigenen Spiel. Nach vier
Minuten
führte Oldenburg mit 4:1, nach 13 mit 9:3, nach 25 mit 15:6. Die immerhin
550 Zuschauer beim
für den VfL bedeutungslosen Auftritt dankten mit viel Applaus.
Vier-Tore-Sieg verschenkt
Die höchste Führung schoss Kim Birke heraus. Die Linksaußen nahm einen von
insgesamt fünf zielgenauen langen Pässen Tatiana Surkovas auf und
verwandelte den
Konter zum 21:11 (38.). Im Gefühl des sicheren Sieges aber vergaß der VfL
den Blick auf
Spielstand (für den Gruppensieg musste Oldenburg mit vier Toren gewinnen)
und Gegner. Denn
das Göppinger Spiel (Trainer Emir Hazimuhamedovic: "Wir haben einige Zeit
gebraucht,
um Spannung aufzubauen.") wurde strukturierter, noch einfacher aber
effektiver. Alena
Vojtiskova, Katrin Schröder und Aline Silva dos Santos brachten die Gäste
auf 14:21
heran (41.), Hannah Breitingers 19:25 (54.) war für Krowicki das Zeichen für
eine
Auszeit.
Den Vier-Tore-Sieg hatten die dann allerdings leicht überhebliche wirkenden
Gastgeberinnen schon vorher verschenkt. Zwei Kempa-Tricks hatten nicht
geklappt, Schmele und
Fagerhus wollten es bei ihren Siebenmetern zudem besonders schön machen,
scheiterten
allerdings. Den Schalter konnte auch eine der wenigen Ernsthaften nicht
umlegen: Natalja
Parchina spielte noch am wenigsten Schörkellos, traf zum 26:21 (56.) und 60
Sekunden vor
Schluss zum 27:23.
Breitinger und dos Santos sorgen für Göppinger Jubel
Ihren letzten Angriff kosteten die Gäste aus. 35 Sekunden vor Ende nahm
Hazimuhamedovic
seine Auszeit und nahm Torhüterin Alexandra Meisl zugunsten einer siebten
Feldspielerin
von der Platte. Hannah Breitinger schließlich ließ sich sieben Sekunden vor
Schluss
auf Linksaußen von Hauptprotagonistin Scholl foulen, den Strafwurf
verwandelte dos
Santos sicher, Frisch Auf jubelte ausgelassen. "Klar war das auch ein wenig
abgezockt, aber
wenn ich die Chance gehabt hätte, hätte ich auch geworfen", sagte Breitinger
nach
dem Spiel, und dos Santos ließ ausrichten: "Ein bisschen nervös war ich
schon,
aber dafür bin ich da, dafür trainiere ich jeden Tag." Oldenburgs Sabrina
Neuendorf äußerte sich anders: "Ich bin total enttäuscht."
Der VfL, für den es wirklich um nichts mehr ging, hätte mit einem genügend
hohen
Sieg etwas Sportlichkeit beweisen können, die Konkurrenz aus der anderen
Gruppe hätte
sich gefreut, da ein eventuell zu vergebender Challenge-Cup-Platz direkt an
den Gruppen-Ersten
gegangen wäre. Der VfL ist bereits für den Cup der Pokalsieger qualifiziert.
Göppingen spielete in der zweiten Hälfte strukturierter als am Anfang,
zeigte zudem
"mehr Herz", wie es dos Santos ausdrückte. Die Brasilianerin wechselt nach
Spanien und nannte nach der Partie noch einmal ihre Gründe: "Göppingen und
die
Bundesliga haben mir sehr gefallen. Doch in Spanien bin ich besser
aufgehoben. Ich beherrsche die
Sprache und werde mit einigen Brasilianerinnen zusammen spielen."
"Super schöne Zeit"
Verdient war der VfL-Sieg dennoch, keine Frage, auch die Performance mit
vielen schönen
Aktionen ist eher positiv zu bewerten. "Ein grandioser Abschied", sagte
Scholl.
"Ich freue mich riesig, ich hatte hier eine super schöne Zeit." Julia Wenzl
zeigte
in ihrem letzten Spiel noch einmal ihre außergewöhnliche Klasse, wurde zur
"VfL-Spielerin des Tages" gewählt: "Ich war vier Jahre weg von zu Hause,
bei den Rhein-Main Bienen bin ich einfach wieder näher dran", begründete die
19-Jährige ihren Entschluss und fügte lachend auf die Frage nach ihrem
nächsten
sportlichen Ziel hinzu: "Den VfL schlagen." Auch Haege Fagerhus blickte auf
eine
"super Zeit" zurück und betonte: "Der VfL hat eine tolle Mannschaft,
Oldenburg ist eine schöne Stadt mit lieben Leuten. Wir haben zwei Pokale in
zwei Jahren geholt
- das ist nicht schlecht, oder?" Am meisten überrascht hatte der Entschluss
von Caro
Schmele. Nach ihrem Abitur drängt die 19-Jährige nun nach neuen Abenteuern:
"Ich
würde gerne ins Ausland gehen, aber noch ist nichts konkret." Den Abgang der
beiden
Juniorinnen-Nationalspielerinnen Schmele und Wenzl kommentierte
VfL-Urgestein Helga
Schumann: "Solche Talente bekommen wir wahrscheinlich nie wieder."