22.05.2019 08:08 Uhr - 1. Bundesliga - PM Leverkusen, red
"Sie wusste immer was sie wollte": Jenny Karolius bleibt auch nach Karriereende in Leverkusen
Jenny Karolius
Quelle: Jörg Dembinski An manchen Tagen zeigt der Sport sein grausames Gesicht - an einem solcher Tage erhielt
Jenny Karolius die ärztliche Empfehlung, ihre Handballschuhe aufgrund einer
Schulterverletzung an den Nagel zu hängen. Nach fünf Jahren im Bayer-Trikot mussten die Werkselfen nun "Flummi" schweren Herzens verabschieden."Es gibt Spielerinnen, die man auf dem Feld einfach nicht ersetzen kann. Es gibt Spielerinnen,
die für das Klima innerhalb einer Mannschaft von enormer Bedeutung sind. Und es gibt einen
besonders kleinen Kreis an Spielerinnen, die diese beiden Eigenschaften vereinen. Genau
eine solche Spielerin war Jenny Karolius", so der Verein in seiner Mitteilung.
Die gebürtige Berlinerin, besser bekannt unter ihrem Spitznamen "Flummi", kam 2014 zu den
Werkselfen. Bis dahin hatte sie bereits einige Jahre in der ersten Handball Bundesliga Frauen
vorzuweisen, aber es ist nicht übertrieben zu sagen, dass Flummi in Leverkusen der
Durchbruch zu den ganz Großen im deutschen Frauenhandball gelungen ist. Das letzte Indiz
hierfür, soweit ein solches überhaupt notwendig war, ereignete sich am 1. Juni 2016: an
diesem Tag lief Flummi zum ersten Mal mit dem Adler auf der Brust für die Deutsche-
Frauennationalmannschaft auf.
Sally Potocki: "Sie hat nie aufgegeben"
2016 folgte ihre erste EM-Teilnahme bevor sie 2017 sogar
bei der Heim-WM 2017, bei einem der Highlights ihrer Karriere, auflief. Diese zwei Turniere
kann man getrost als die Vollendung des Weges einer großartigen Sportlerin ansehen. Dies
sieht auch Handball-Geschäftsführerin Renate Wolf so: "Es hat mich gefreut, dass sie am
Ende der Karriere auch zu einer wertvollen Nationalspielerin werden konnte".
Wertvoll - ein
Attribut, das Flummi gut beschreibt. So sieht das auch ihre ehemalige Mitspielerin Sally
Potocki: "Ihr Wille zu gewinnen und egal wie kaputt sie vielleicht war am Ende, sie hat nie
aufgegeben. Ihre Abwehrarbeit war so aggressiv, dass ich froh war, dass ich neben ihr war
und nicht auf der anderen Seite! Flummi war immer ein Vorbild in der Mannschaft und hat
ein großes Loch hinter sich gelassen nach ihrer Verletzung. Man hat gesehen, dass sie immer
100% gegeben hat und sie hat auch noch die Mannschaft mitgezogen. Sie war allzeit
hilfsbereit und ihre Führungsqualitäten werden sehr fehlen".
Man spürt in jedem Gespräch mit den Beteiligten, welchen Stellenwert Flummi genießt. Und
dies bei Leibe nicht, weil sie täglich krampfhaft daran arbeitet dort zu stehen, vielmehr ist es
ihr Naturell, was sie dorthin gebracht hat. Bodenständig, fleißig, humorvoll, sozial - eben
genau so, wie man sich eine wertvolle Spielerin mit einem tollen Charakter vorstellt. Wolf
kommt rückblickend fast ins Schwärmen: "Ich habe noch nie so unkomplizierte
Vertragsgespräche wie mit Jenny Karolius geführt - sie wusste immer was sie wollte. Sie war
eine sehr zuverlässige Mannschaftsführerin, die immer das Ganze im Blick hatte - auch im
Umgang mit dem Team".
Nijdam: "Als Co-Trainerin hatte sie ein extra Auge beim Coachen"
Auch an diesem genannten Tag im Sommer, als sich herauskristallisierte, dass Flummi keinen
Leistungssport mehr betreiben kann, entschied sie sich für einen anderen - sicher keinen
leichten Weg. Viele Sportler ziehen sich, zugegebener Weise mit größtem Verständnis,
zurück. Sie kämpfen erst einmal mit sich selbst und dem immensen Frust, den so eine bittere
Diagnose mit sich bringt. Natürlich musste auch Flummi diesen Kampf führen, jedoch nicht
ohne gleichzeitig weiterhin für ihre Mannschaft da zu sein - das ist es, was einen großen
Teamplayer ausmacht!
Statt auf dem Feld saß Flummi fortan nun also auf der Bank der Elfen
und bildete zusammen mit Robert Nijdam das Trainergespann. Der Cheftrainer der Elfen
redet in den höchsten Tönen über seine Kapitänin, die in dieser Saison "leider" seine Co-
Trainerin wurde: "Jenny war sehr wichtig für das Team und mich. Sie war für die Spielerinnen
immer eine Ansprechstation und sie genießt großen Respekt im Team. Als Co-Trainerin hatte sie ein extra Auge beim Coachen. Wir haben uns immer abgestimmt und die Taktik festgelegt.
Jenny hat mir in vielen Situationen durch ihre ruhige Art geholfen".
Es scheint, als hätte Flummi im Trainerdasein eine weitere Berufung gefunden - und damit
bleibt sie den Elfen doch erhalten: "Ich freue mich, dass sie, jetzt quasi die Seite wechselt und
fortan zum Trainerteam gehört", berichtet Wolf euphorisch. Trainerin Jenny Karolius wird ab
der kommenden Saison das Traineramt der B-Jugend des Werkselfen-Nachwuchses
übernehmen.